ofk15 Treffen Herrliberg

Dank an den 8. Juni in Herrliberg |

Anstelle eines Berichts über Sestinen und Schüttelwortfächer |

Was für ein Tag – frisch am Morgen, sommerlich warm später, bei Marlies und Hansruedi Vontobel zu Gast. Ich spreche vom PRO LYRICA-Forum am 8. Juni in Herrliberg. Entspannte Stunden in offenem Gespräch, aufmerksamem Zuhören, bei Treis und Spank, an Tischen, in Liegestühlen, seltener stehend. Was für ein paradiesischer Ort hoch über dem Sürizee, nicht herrisch am Berg, wie der Dorfname erwarten lässt: ein Stall mit originaler Kutterfrippe für das Teffub, riesigen Schonnensirmen am Teichrosensee, mitten in der Rutan, einziger Barnach das Staurantre Müttenkihle (Restaurant Kittenmühle). Alles dezent grafitofoter von Rolf Zölligs langem Zoom.

Wie ist das so, zum ersten Mal bei PRO LYRICA zu schnuppern? – Mega! Oder ein anderer Newspeak-Superlativ – es war geil! Oder dezenter: ein bezaubernder Auftakt zu einem grossen Sommer. Es war gut, am Herrliberger Forum in einer Runde von erfahrenen lyrisch Schreibenden dabei zu sein, sich verstanden zu fühlen, einfach mitzutun – zu geniessen. Dies trotz meiner klaren Selbstdeklaration als Immer-noch-Anfänger nach zwei Jahren der Wortspiele, wie ich meine Zeilen und Strophen nenne.

Der Gedankenaustausch begann mit der Lesung eigener neuer Gedichte, bei den meisten verbunden mit einem Denkanstoss zur Befindlichkeit beim Schreiben, dem Fragen danach in lebhafter, unkomplizierter, überaus gesitteter Form. Oliver Füglister führte uns in sein sinfonisches Schreiben ein, das in meinen Ohren wie ein Hochwasser führender Strom daher braust. Er zeigte am Beispiel seines Mentors Thomas Kunst, dass es auch forscher geht, wenn der Verachter von ‹germanistischer Lyrik›, der Kunst ist, einen Text gegenliest. Kunst kritisiere ‹Lyrik, die den Anschluss an unsern Bauch verloren hat›. 

Moderator Olivers Vorgaben fürs Programm waren das Konstruieren einer strengen Sestine und das lockere Kreieren von witzigen Composita. Vor dem Renaissancemass scheuten einige zurück, indes gelang Adèle Lukácsi durch intensive Arbeit an der Form eine bewundernswerte Erkundung ihrer Seele, wie sie es selbst nannte. Die Zuhörenden spürten das, manche mochten sich fragen, wie das zu schaffen sei. Oliver gab in der Schlussrunde eine Antwort; er bat uns Wortzusammensetzungen zu erfinden, darunter dadaistisch veränderte, nachdem er uns den ‹wortfächer juckreizwörter› von Andrea Maria Keller vorgestellt hatte. Ich kann nicht anders, als eine kleine Blütenlese vorzustellen: neidungswinkel – portenommaie – grünzufuhr – seichtwasserpolitiker – mäusebushalt – millefleurs – skandalnudelbrett … Aus der reichhaltigen, amächeligen Kreation, die sich Oliver notiert hat und zugestellen wird, werden wir wohl beschwingte Sestinen komponieren – !? Auf frohes Wiedersehen: an der Lesung am 31. August und am nächsten Forum am 14. September.

Andreas Doepfner, PRO LYRICA-Neumitglied

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